Immer diese Religionen…

Gestern Morgen hat SPIEGEL ONLINE bei Facebook folgendes gepostet:

„Der Mensch ist technisch weit fortgeschritten. Er kann Raumstationen bauen, sie im Weltall zusammenkoppeln und denkt an die Landung auf dem Mars, aber seine Entwicklung scheint seit der Steinzeit zu stagnieren.“

 

Heute vor 35 Jahren flog der erste Deutsche ins Weltall: Der DDR-Kosmonaut Sigmund Jähn aus dem sächsischen Vogtland. Ende der 90er schrieb er für einen Rundfunksender diesen Satz, der angesichts der Krisen in Syrien, Ägypten und andernorts nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.

Jetzt handelt es sich hierbei um SPIEGEL ONLINE, was natürlich automatisch heißt, dass ziemlich viele Menschen das Geschriebene lesen, liken und auch das Bedürfnis verspüren, etwas dazu zu sagen. Das ist natürlich auch absolut nachvollziehbar. Vor allem für mich, denn ich gebe auch gerne meinen Senf dazu, obwohl mir von Anfang an klar ist, dass wieder irgendwelche Idioten etwas qualitativ dermaßen minderwertiges schreiben werden, ich die Kommunikation natürlich weiterhin verfolge, aber mich im Endeffekt wieder nur über die Dummheit diverser Zeitgenossen aufrege.

Worum es mir in diesem Text jedoch geht, ist eine ganz bestimmte Sache, die mir beim lesen solcher Status schon des Öfteren aufgefallen ist und deswegen muss ich das jetzt – in einem kleinen Anflug von Emotion und Aufgeregtheit am frühen Morgen – einfach mal verpacken.

Den Kern der Sache benenne ich mal ohne Umwege: Früher oder später kommt innerhalb einer solchen Kommunikation auf Facebook irgendjemand – quasi schon fast unabhängig vom Grundtenor der Unterhaltung – auf Religion zu sprechen.
Zumeist geht es im Endeffekt – und das sage ich völlig objektiv und wertfrei, einfach nur basierend auf dem, was ich schon diverse Male beobachten durfte – um den Islam!

Meine Frage nun: WARUM???
Warum scheinen so viele Menschen, die sich dieser Religion zuordnen, der Meinung zu sein, dass man jedes nur erdenkliche Thema mit Religion in Verbindung setzen muss? Liegt es daran, dass sich Angehörige dieses Glaubens in unserem nach wie vor natürlich in erster Linie christlichen Umfeld benachteiligt und unverstanden fühlen??
Das kann ich sogar nachvollziehen, da der Islam Dank weniger Idioten und einigen Extremen nun mal leider einen schweren Stand in unserem Land hat, ohne dass sich diejenigen, die ihn verurteilen, auch nur mal im Entferntesten damit auseinandergesetzt haben. Denn eigentlich ist das wie mit allen anderen Dingen: Man darf grundsätzlich nie pauschalisieren. Das passiert traurigerweise aber recht häufig, weshalb ich den Unmut und den Drang sich und seine Kultur zu verteidigen teilweise durchaus verstehen kann.

Aber selbst wenn dem so ist, so gehört dieses Thema – meiner Meinung nach – nicht in jede Diskussion, die an irgendeiner Stelle über irgendein willkürliches und oftmals sogar in erster Linie religionsunabhängiges Thema geführt wird.
Ich meine… natürlich KANN man seine Religion anführen, denn Gesprächsstoff bietet es allemal. Das einzige Resultat ist dann jedoch, dass wieder ein Haufen quatschwütiger Personen aufgescheucht wird, welche sich dann angegriffen fühlen, ihr gefährliches Halbwissen preisgeben und alle gegen denjenigen schießen, der dieses Thema zuerst aufgegriffen hat. Beziehungsweise gegen eben jene Religion, und das, ohne auch nur einen Hauch von Ahnung über diese Religion zu haben.
Die andere Seite versucht sich weiterhin zu verteidigen und im Endeffekt wird NOCH mehr Unverständnis und Boshaftigkeit geschürt und es hat einfach niemand etwas davon.
… Dann wird natürlich noch der Koran als Argument ausgepackt. Da gibt es dann ebenfalls nur zwei Positionen, die sich gegenseitig – völlig unnötig und ohne jede Aussicht auf ein Ende der hitzigen Diskussion – unentwegt hochschaukeln:

Pro Islam:

Im Koran steht alles Wichtige. Ihr solltet den wenigstens mal lesen… etc. …

Contra Islam:

Ja, da steht auch, wie man seine Frau schlagen soll und dass man Märtyrer werden soll, um in sieben Himmel zu kommen … Blaaaa …

Ganz ehrlich? Wenn ich solche Diskussionen lese, kommt in mir das kalte Kotzen hoch!!

Es wird niemanden weiterbringen … wirklich absolut NIEMANDEN … wenn man das Thema „Religion“ anfängt. Dabei ist es auch scheißegal, um welche Religion es sich handelt, auch wenn es in unserer Gesellschaft eben meist um Islam vs. Christentum (bzw. Atheisten) geht und ich an dieser Stelle aber auch mal die These aufstellen möchte, dass die Christenfraktion generell WEITAUS weniger Ahnung von ihrer eigenen Religion hat, als es beispielsweise Muslime haben.
Auch nicht alle! Denn als Außenstehender denkt man im Allgemeinen, dass diese unheimlich mit ihrer Religion verknüpft groß werden und demnach alles darüber wissen: Nein! Seit meinem religionswissenschaftlichen Studium muss ich sagen, dass auch nicht jeder Muslim und jede Muslimin perfekt über seine/ihre Religion bescheid weiß. Warum auch?? Ist ja keine Pflicht! Jacke wie Hose, ob man als Christ nicht bescheid weiß, als Moslem nicht bescheid weiß oder als Hindu, Buddhist oder schieß mich tot nicht bescheid weiß. Da muss man theoretisch gar nicht differenzieren. Bleibt ja immerhin jedem selbst überlassen, inwieweit er sich mit der ganzen Sache beschäftigt. Nichtsdestotrotz haben Anhänger des Islam, so empfinde ich das, den Christen hierzulande einiges voraus, wenn es um Religiosität, religiöses Wissen und das Ausleben ihrer Religion geht.

Fakt ist aber: Fängt man eine Diskussion an, so wird das einzige Ergebnis sein, dass man sich den Mund fusselig redet und mit allen Mitteln versucht, seinen Glauben und seine Ansichten zu vertreten und als „die Richtigen“ darzustellen. Das wird aber schlichtweg nicht funktionieren, weil dieses Thema einfach zu umfangreich, vielseitig, kontrovers, sensibel und… und… und ist.

Ich möchte damit nicht sagen, dass man sich über Religionen nicht unterhalten kann. Das geht natürlich, aber unter Garantie nicht mit fremden Menschen VIA INTERNET!!!
Das KANN nur in die Hose gehen!!

Ich weiß, dass ich mich ebenfalls auf sehr dünnes Eis begebe, wenn ich mich über solch ein Thema öffentlich auslasse, hoffe aber, dass mich niemand falsch versteht. Ich behaupte ebenfalls nicht, alles zu wissen und nur richtige Dinge auszusprechen. Auch möchte ich unter Garantie niemandem bezüglich seines Glaubens oder dem, was er darüber denkt, in den Karren fahren. Dafür bin ich selbst bzgl. dieses Themas viel zu offen und tolerant.
Ich möchte nur sagen, und dazu stehe ich, dass Menschen sich mit Äußerungen über Glaube, Religion und all die Dinge, die ihm inhärent sind, ab und zu mal ein wenig zurückhaltend sollten. Sei es, weil es einfach unpassend ist oder, weil man eigentlich gar keine Ahnung von der Sache hat, über die man sich da gerade öffentlich zu urteilen anmaßt.

Tut Euch selbst und allen anderen also den Gefallen und lasst euch auf solche Unterhaltungen gar nicht erst ein.
Lasst jeden glauben, woran er glauben möchte und wenn darüber diskutiert wird, dann stets mit einer ordentlichen Portion Verständnis und Rücksichtnahme im Gepäck.
Man kann niemandem vorschreiben, welche Schrift er lesen muss oder woran er glauben soll. Man kann auch keinem Fremden über das Internet erzählen, was richtig und was falsch ist. Man ändert keine Ansichten, was den Glauben betrifft. Nicht auf dieser Ebene und nicht auf diese Art und Weise. Zudem ist es einfach komplett unsinnig, Religion als Argument zu nehmen, wenn es eigentlich um Technik oder Natur oder … keine Ahnung … das Mittagessen von gestern geht.

Aber dass Religion ein so sensibles Thema ist und kein Mensch, weder durch böse Worte im Internet, noch durch drastischere Maßnahmen wie Waffengewalt (Krieg wird ja bei diesem Thema auch immer wieder gerne als Argument gegen Religionen herangezogen) wirklich und aus eigener Überzeugung heraus mal eben von dem abweicht, woran er glaubt … das wird diese Welt wohl niemals verstehen!