First-World-Problems.

Diesen Begriff hat vermutlich jeder schon mal gehört.

Er wird in unserer Gesellschaft ja ganz gerne mal genutzt.
Zumeist dann, wenn sich jemand über eine Sache oder einen Zustand beschwert und ein anderer eben der Meinung ist, es sei nicht gerechtfertigt sich über dieses oder jenes zu ärgern, weil es anderen Menschen in anderen Teilen der Welt ja viel schlechter geht.

Ja… das ist richtig!
Wir leben in einer Gesellschaft, in der es uns unter Garantie deutlich besser geht, als Menschen in anderen Teilen der Welt. Unbestritten.
Ich glaube aber auch, dass die Meisten, die diesen Begriff nutzen, sicherlich nicht diejenigen sind, die sich auch nur im Ansatz und in irgendeiner Art und Weise für Dritte-Welt-Länder oder generell für ärmere Menschen einsetzen. Sie nutzen diesen Terminus also -in meinen Augen – nicht wirklich berechtigt.

Ich gebe gerne zu, dass das ja auch alles nicht ganz einfach ist.
Es gibt auch in unserem Land viele Menschen, denen es nicht besonders gut geht und denen man sicherlich irgendwie unter die Arme greifen könnte.
Aber ich für meinen Teil kann auch nicht jedem, der irgendwo sitzt oder unter ner Brücke lebt oder was weiß ich was für Probleme hat helfen. Denn ich habe meine eigenen. Wenn auch es nicht die Probleme sind, z.B. obdachlos zu sein. Aber wir leben immerhin auch in einem Sozialstaat. Also was soll ich sagen.
Man ist sich halt doch oft selbst der Nächste und denkt nicht konsequent an andere, denen es schlechter geht als einem selbst. Ist auch sicherlich besser so, sonst wäre man ja nur noch scheiße drauf.
Man kann nicht immer jedem helfen und wenn, könnte man vielleicht wirklich vor der eigenen Haustür anfangen.
Aber da sind sich die Meisten dann ja sofort wieder zu fein für.
Mal 2€ für ne Obdachlosenzeitschrift ausgeben ist ja schon zu viel.
Sicher, man könnte immer mehr machen. Aber da geht es doch schon los.
Die, die am lautesten schreien und irgendwas von First-World-Problems erzählen, interessieren sich am Ende doch am allerwenigstens für ihre Mitmenschen.

Im Endeffekt sieht es folgendermaßen aus: Wenn ich doch nun mal das verdammte Glück habe, mit meinem Arsch hier in Deutschland zu sitzen (oder wo auch immer, wo es den Leuten nicht allzu schlecht geht), dann SIND meine Probleme eben meine Probleme. Basta! Machste nix. Es sind die Dinge, die mich beschäftigen oder mir auf den Sack gehen.
Das lässt sich nunmal nicht ändern. Und das möchte ich auch ehrlich gesagt gar nicht ändern.

„Du hast ja echt First-World-Problems!“

Ja, natürlich!
Was für Probleme sollte ich denn bitteschön auch sonst haben?
Ich muss nun mal nicht hungern.
Ich besitze viel Kram, der im Grunde überflüssig zum überleben ist.
Um mich herum ist halt – Gott sei Dank – kein Krieg (außer Putin und Kim Jong-un flippen bald völlig aus).

Und ehrlich gesagt möchte das wohl kaum einer von uns freiwillig ändern.
Man könnte vielleicht ankreiden, dass wir oftmals gar nicht mehr zu schätzen wissen, wie gut wir es eigentlich haben. Das würde ich vollkommen unterschreiben und sicherlich wäre es nicht verkehrt, sich das ab und zu mal bewusst zu machen. Wir sind alle eh schon so abgestumpft durch all den Scheiß der in der Welt passiert, dass ein abgestürztes Flugzeug, ein Haufen Tote in Krisengebieten oder Vergewaltigungen in ihrer Berichterstattung einfach komplett an uns vorbeischliddern.
Ist halt so.
Passiert jeden Tag.
Kennen wir.

Aber ich lebe halt hier und nicht woanders.

Und wenn mein Butterbrot mit der Eiersalatseite auf den Boden klatscht, dann finde ich das scheiße.
Wenn es das Paar Schuhe, welches ich unbedingt haben möchte, nicht mehr in Größe 40 gibt, ist das halt schon ein bisschen blöd.
Wenn mir der Bus vor der Nase wegfährt ärgere ich mich, weil ich nu halt zu spät komme und noch länger da an der Haltestelle rumstehen muss. Wenn es dann auch noch kalt ist, noch ätzender!
Und wenn mein Essen nicht schmeckt, wofür ich nun mal auch Geld bezahlt habe, bin ich enttäuscht und werde motzig!!!

Genauso läuft das halt.

De facto hat das Kind in Afrika nichts von meiner weggeschmissenen Butterbrezel.
KÖNNTE ich mit genau dieser Brezel ein Kind für einen Moment lang glücklich machen, dann würde ich es tun. Mit Sicherheit. Es ist aber schlichtweg nicht möglich. Denn wir können uns wohl alle lebhaft vorstellen wie besagte Brezel aussieht, wenn sie in Afrika ankommt… sollte sie da überhaupt ankommen.

Ja, ich habe „First-World-Problems“.
Nein, ich fühle mich nicht schlecht dabei.
Denn ich wüsste bei allem Respekt nicht, welche Probleme ich sonst haben sollte.

CHEERS!