Deine Lakaien.

Das… war das schönste und emotionalste Konzert aller Zeiten für mich!

Es ist exakt 23 Uhr Freitagabend… ich habe kaum meine Jacke aus und muss mich sofort hinsetzen, um das festzuhalten. Bevor das Gefühl wieder verflogen ist.
Ich möchte es auch festhalten obwohl ich weiß, dass ich nach meiner kleinen Schaffenspause damit erstmal nur wenige Menschen erreiche.

Auch wenn vielleicht nicht jeder etwas mit der Band „Deine Lakaien“ anfangen kann und muss, so hat gegebenenfalls trotzdem jeder schon mal ein Konzert erlebt, was besonders im Gedächtnis geblieben ist.
Warum auch immer.

Oder er hat eine ganz bestimmte Band oder, weitreichender gefasst, eine ganz spezielle Musikrichtung, mit der er gewisse Dinge verbindet und die er vielleicht in ausgewählten Momenten gerne hört.

Ich war vermutlich die einzige Person in dem ganzen Saal, die mutterseelenallein auf diesem Konzert war.
Ich habe das bewusst getan und es war eine gute Entscheidung.
Es hat mich niemand abgelenkt und ich konnte wie geplant in der Musik versinken.
Und ich kann nur jedem raten: Versucht das mal!

Ich bin ein absoluter Kopfmensch und kann eigentlich nie wirklich abschalten.
Ich denke immer – auch auf Konzerten – über irgendwas nach:
– Wie seh ich aus?
– Warum riecht es hier so?
– Warum sind hier so viele Menschen?
– Viel zu eng.
– Ist meine Tasche noch da?
– Ist sie zu?
– Kann der hinter mir wohl was sehen? (Dass ich mich das frage kotzt mich fast am meisten an… denn unter Garantie interessieren sich nur die wenigsten bei einem Konzert für die Menschen hinter sich)
– Ich sehe nichts, der vor mir ist viel zu groß.
– Was war heute noch mal auf der Arbeit?
– Habe ich was vergessen?
– Hab ich eigentlich noch irgendwas essbares im Kühlschrank?
– Ich muss dringend meine Wohnung säubern…

… aber heute… da gab es einige wenige Momente in denen ich mich – zeitweise – wirklich ganz und gar in der Musik verloren habe.

Alexander Veljanov ist in meinen Augen ein begnadeter Sänger und ich würde es so einigen „Künstlern“ auf diesem Planeten wünschen, dass sie live auch nur halb so nah an Platte rankommen könnten, wie er es tut.

Ich kann ebenso verstehen, wenn diese Musik (falls sie jetzt irgendjemand googlen sollte) nicht jedermanns Geschmack ist.
Eigentlich bin ich selbst auch ganz und gar nicht für solch langsame Klänge.
Deine Lakaien ist die einzige Band, die mich damit voll und ganz gekriegt hat.

Selbst wenn ich traurig bin höre ich in der Regel alles, was man sich hart um die Ohren haut.
Nichts melodisches.
Eher Aufs-Maul-Musik.

Aber diese Band hat es geschafft, dass ich wirklich die Musik zu schätzen weiß.
Ich schere mich um die Inhalte und verbinde sie mit etwas.
Ich verbinde sie gleichermaßen mit einer wunderbaren und auch einer nicht ganz so schönen Zeit.
Trotzdem fühlt sich beides gut an.

Ich wusste ganz genau: Spielen die ein ganz bestimmtes Lied besteht die Gefahr, dass mir das Wasser binnen Sekunden in die Augen steigt. Natürlich war es direkt das Zweite. Und es war trotzdem so wundervoll.

Gleichzeitig hat dieser Abend mir bestätigt, dass es eine Zeit in meinem Leben gab, die ich niemals missen möchte.
Vielleicht verändert man sich.
Optik wie auch Lebensweise passen sich sicherlich mit zunehmendem Alter an und natürlich ist auch die jeweilige Lebenssituation entscheidend.

Aber wenn durch irgendetwas Erinnerungen wachgerufen werden ist es schön zu merken, dass man sie zu schätzen weiß und sich einer Sache gewiss wird:
Ganz vorbei ist diese Phase Deines Lebens noch immer nicht!
Ein bisschen hat man sich tatsächlich im Laufe seines Daseins selbst gefunden und das geht auch nicht so einfach weg. Und das ist gut so.

Überraschenderweise kamen mein Outfit und Make-Up heute sogar bei meinem Chef an. Das war gruselig.
Zugegebenermaßen habe ich gehofft, dass er unser Büro nicht betritt.
Ich darf nämlich weder mein Septum tragen, noch sind Totenköpfe oder ähnliches gern gesehen.
Ich muss mich auf der Arbeit also etwas anpassen.
Heute habe ich die Basis aber schon morgens gelegt, denn nach der Spätschicht hätte ich schlichtweg keine Zeit mehr gehabt.
Also: Schwarze Klamotten an, Eyeliner schön weit nach außen gezogen, ordentliche Portion Rouge ins Gesicht, Skelett-Gürtelschnalle um und… Feuer.
Kommt der rein, guckt mich an und sagt: Neuer Style? Find ich gut. Steht Dir!

Äääääähm … o-kaaaay?!?!?!

Vielleicht liegt das an Fifty Shades of Grey und daran, dass Menschen aktuell gewisse Dinge mit etwas dunkler und schwarz und keine Ahnung was verbinden.
Auf jeden Fall hab ich nach dieser Aussage meines Chefs vor Schreck sogar kurzzeitig vergessen, was ich eigentlich gerade schreiben wollte. 😀

Was Musik bewirken kann ist wirklich krass!

Sie katapultiert die eigene Laune von 0 auf 100.
Sie lässt Dich erinnern und sie lässt Dich in der Gegenwart sein.
Sie kann unendliche Trauer in einem hervorrufen, oder die allergrößten Glücksgefühle.
Sie lässt deinen Atem kurz stillstehen, oder Dein Herz pochen wie verrückt.

Ich danke mir dafür dass ich so eigenständig bin, um mir nach der Arbeit an der Abendkasse eine Konzertkarte zu kaufen, mich alleine in die Masse zu stellen, alles auszublenden und dem zu Folgen, was da gerade passiert.

Trotz diverser technischer Pannen an diesem Abend, war er an Highlight.
Vielleicht auch gerade deshalb.
Da hat man wenigstens gemerkt, dass es tatsächlich live ist.
Wenn der Sänger feststellt, dass da irgendwas nicht stimmt und während des Gesangs kurz lachen muss.
Oder gute 5 Minuten plötzlich spontan irgendwas erzählen muss, weil nix mehr geht.
Daran kann man übrigens unter anderem festmachen, dass eine Band es in der Gunst des Publikums wirklich nach oben geschafft hat.
Wenn sie trotz Pannen auf der Bühne nicht mehr den großen Kasper machen müssen und von der Menge trotzdem gemocht werden:

Ja… guten Abend. Ich bin der Alex. Wie geht es euch? Wir sind hier in Augsburg. Live ist live…

… und trotzdem haben ihm alle gespannt zugehört und sich amüsiert. 😀

Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es ein Ärgernis für mich sein wird, sollte ich dieses Konzert verpassen.

Und verdammt, ich hatte recht!
Ich wüsste zwar nicht was ich verpasst habe, aber jetzt wo ich es weiß wäre es schrecklich gewesen.
Ich bin dermaßen geflasht dass ich jetzt schon nicht mehr weiß, warum ich das überhaupt schreibe.
Oder was ich bitte sehr jetzt noch dazu schreiben soll.

Übrigens: Die Sache mit dem zunehmenden Alter sieht man auch an den Künstlern immer mehr, je näher man sich in Richtung Bühne vorarbeitet.
Das habe ich damals schon bei Bad Religion mit Schrecken festgestellt und nun wieder.
Umso mehr freut es mich, dass bei manchem Beständigkeit herrscht, diese Band ihrer Linie treu bleibt und – Gott sei es gedankt – auch jene Lieder aus den Jahren 1999 & Co. immer noch spielt, an denen das Herzchen so hängt.

Ich bin kein Bandshirt-Mensch, aber ich habe mir eines gekauft.

Ich weiß, mein Handy macht blöde Bilder.
Aber die schönsten Bilder behält man ja sowieso im Kopf. 🙂

Es ist 23:33.
Ich lasse den Rest wirken und freue mich, einen schönen Abend gehabt zu haben.
Einen wunderbaren Abend allein in der Stadt, welche seit mittlerweile einem Jahr mein zu Hause, aber nicht meine Heimat ist.
Die mich ab und zu wirklich verzweifeln und mich doch gleichzeitig so schöne Dinge erleben lässt.

Over and done! 😉